Kognitions- und Emotionspsychologie II

Kapitel 3

3.2 Die Standarddefinition der Sinne
 
Allgemein

In Standardlehrbüchern ist häufig die Erklärung, dass jeder Sinn an ein bestimmtes peripheres Sinnesorgan gebunden ist. (Beim Sehen zB Auge)
Außerdem soll jedes Sinnesorgan auch nur für bestimmte Reize sensibel sein. (Beim Auge: Licht)
→ Die Lehrbuchdefinition entspricht der Empfindung des Wahrnehmenden, dass die qualitativen Empfindungsunterschiede zwischen den Sinnen, z.B. zu sehen oder zu hören, zumindest zum Teil auf die Beschaffenheit der peripheren Sinnesorgane zurück gehen, z.B. Auge oder Ohr.
 
⇒ Wie kommt dieser subjektive Eindruck zustande?
Schon erwähnt, dass Autoren wie Helmholtz oder Gibson den Zweck der Wahrnehmung für die Handlungssteuerung betonten. Nach dieser Auffassung bewährt sich die Wahrnehmung im Ausmaß ihrer Zweckdienlichkeit für das erfolgreiche Handeln. Die Attribution unterschiedlich empfundener Sinnesqualitäten auf bestimmte Sinnesorgane durch den Wahrnehmenden liefert ein Beispiel dafür, dass der Handlungserfolg auch zu qualitativen Empfindungsunterschieden beitragen könnte.
Wenn wir das Auge schließen, ändert sich der Seheindruck, nicht aber in gleicher Weise der Höreindruck. Wenn wir bei gleicher Blickrichtung geradeaus den Kopf nach rechts und links bewegen, ändert sich der Höreindruck systematisch, nicht aber der Seheindruck, dessen Veränderung durch das Halten des Blickes kompensiert wird.
→ Solche sensumotorischen Regelmäßigkeiten, die auf wiederholt wahrgenommenen und daher erwartbaren handlungsbedingten Wahrnehmungsänderungen beruhen, können zum qualitativen Empfinden unterschiedlicher Sinne beitragen, namentlich ihrer Zuschreibung auf die spezifischen Sinnesorgane.
 
Allerdings auch Probleme der Standarddefinition:
Dieselben peripheren Sinnesorgane können unterschiedliche Sinnesempfindungen hervorrufen und das unterschiedliche periphere Sinnesorgane dieselben Sinnesempfindungen erzeugen können

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