Asendorf & Neyer - Sechs Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie

6. Evolutionspsychologisches Paradigma

Sozialbiologie: Ultimate & proximate Erklärungen 

Allerdings unterschieden zumindest einige Soziobiologen schon früh zwischen ultimaten und proximaten Erklärungen.
 
  • Ultimate Erklärungen: beruhen auf Überlegungen zum Selektionsdruck und beschreiben, wie sich Individuen unter den angenommenen Umweltbedingungen der evolutionären Vergangenheit hätten verhalten sollen.

  • Aber damit sie sich tatsächlich so verhalten haben, bedurfte es proximater Mechanismen, die sie dazu gebracht hatten, sich tatsächlich so zu verhalten.

    Die evolutionsbiologische 
    Erklärung ist im Grunde nur vollständig (und überzeugender), wenn zu jeder ultimaten Erklärung auch eine proximate Erklärung durch Angabe eines proximaten Mechanismus geliefert wird.
 
Ultimate Erklärungen von Verhalten begründen es durch Reproduktionsvorteile in der evolutionären Vergangenheit; proximate Erklärungen geben an, wie das Verhalten konkret zustande kommt.
 
⇒ Von daher greifen in ernstzunehmenden evolutionären Erklärungen menschlichen Erlebens und Verhaltens immer biologische ultimate &  psychologische proximate Erklärungen ineinander!
Evolutionsbiologen nehmen z. B. nicht an, dass es proximate Mechanismen gibt, die die Fitness in konkreten Situationen für die Optionen „helfen“ und „nicht helfen“ ausrechnen. Von der natürlichen Selektion werden vielmehr alle Verhaltensweisen begünstigt, die die inklusive Fitness relativ zur Fitness aufgrund direkter Nachkommen steigern.
Hierbei kann es sich durchaus um wohlbekannte psychologische Mechanismen handeln, z. B. Hilfe aufgrund wahrgenommener emotionaler Nähe: Je näher ich mich jemandem fühle, umso eher bin ich bereit zur Hilfe (wobei natürlich andere 
Überlegungen eine zusätzliche Rolle spielen, insbesondere die wahrgenommene Hilfsbedürftigkeit des anderen)

Diskussion