Zusatz: Mündliche Prüfung

2 Leiturteile, 2.1 Zivilrecht

Bonifatiusfall (RGZ 83, 223)
 

Der Fall stellt einen echten Klassiker des Vertragsschlusses dar. Der Sachverhalt in Kürze: Der Pfarrer P wollte dem Bonifatiusverein Wertpapiere übereignen. Dazu gab er die Papiere dem Boten X, der diese dem Vorstand des Vereins V bringen sollte. X brachte V die Papiere aber erst vier Tage nach dem Tod des P. Die Erbin E verlangt die Papiere von B heraus. Das RG meinte, für die Übereignung der Papiere sei erforderlich, dass die Einigung zwischen P und B im Zeitpunkt der Übergabe X an V noch bestehen müsse („Einigsein“). Da aber die E die Übereignung nicht mehr gewollt habe, sei diese unwirksam (RGZ 83, 223, 227 ff.).
Heute würde der Fall anders gelöst: X überbrachte als Bote das Angebot zur Übereignung durch P an B, vertreten durch V. Das Angebot blieb durch den Tod des P unberührt, § 130 Abs. 2 BGB. Es konnte auch noch angenommen werden, § 153 BGB. Die Annahmeerklärung brauchte P bzw. E nach § 151 BGB nicht zuzugehen. Fraglich ist nur, ob die E das Angebot widerrufen hat.
Das RG ging noch davon aus, dass E die Übereignung nicht gewollt habe (RGZ 83, 223, 227 ff.) und forderte keinen Widerruf. Heute würde man den Zugang des Widerrufs nach § 130 Abs. 1 BGB verlangen, denn der Fortbestand der einmal erklärten Einigung wird vermutet (vgl. BGH NJW 1978, 696) – an einem Widerruf fehlte es aber, die Übereignung wäre also wirksam. Es stellt sich dann die Frage, ob die E die Papiere nach den §§ 812 ff. BGB hätte zurückverlangen können. Das hängt davon ab, ob das Kausalgeschäft (Schenkung) wirksam war oder nicht. Dazu ist auf § 2301 BGB abzustellen.
 

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